Strom­wandler - SENSORTECHNIK

Zur weiteren Erhöhung der Versorgungssicherheit und zur Vorbereitung auf künftige Herausforderungen wie der Elektromobilität oder dem Nachweis der Spannungsqualität auf der Mittelspannungsseite jetzt der Schweizer Energieversorger IBC auf fernsteuerbare Netzstationen und die Sensortechnik von Zelisko.

von Michael Steiner / Bruno Herzog Datum 05.09.2018

Allgemein

Ziele der Netzmodernisierung bei IBC Energie Wasser Chur in Graubünden/Schweiz sind die weitere Erhöhung der Versorgungszuverlässigkeit durch die Fernsteuerbarkeit von Trafostationen aus der Netzleitstelle sowie die genaue Messung von Strom und Spannung in den Netzstationen zur Netzüberwachung und Lastflusssteuerung. IBC wurde 1896 gegründet und versorgt seine Kunden mit Strom, Erdgas und Wasser. Die Versorgung des 10-kV-Mittelspannungs (MS)-Netzes mit isoliertem Sternpunkt erfolgt über 4 Unterwerke und ca. 200 Ortsnetzstationen.

IBC-STRATEGIE

IBC entschied vor einigen Jahren, neue und zu modernisierende Trafostationen mit den gasisolierten Siemens-MS-Schaltanlagen (Abb. 1) auszurüsten. Dabei kommen Vakuum- Leistungsschalter, digitale Schutzgeräte für den gerichteten Überstrom-Zeit-Schutz und Zelisko-Strom (I)- und Spannungs (U)-Sensoren zum Einsatz.

Abb. 1 Mittelspannungs-Schaltanlage mit 5 Schaltfeldern

Wesentliche Vorteile sind:

  • niedrigere Ausfallzeiten durch schnelle Fehlererkennung / Umschaltungen
  • geringer Platzbedarf
  • einfache Sensor-Nachrüstung in Altstationen
  • Kabelprüfung mit DC oder VLF ohne Demontage der U-Sensoren
  • kein Kippschwingungsrisiko / keine Dämpfungswiderstände
  • keine Kalibrierung des Systems Schutz/ Sensor vor Ort
  • Kosteneinsparung im Vergleich zu konventionellen MS-Wandlern

Am Beispiel der Trafostation zeigt die schematische Darstellung in Abb. 2 die wesentlichen Komponenten der Netzstation mit der fernsteuerbaren MS-Schaltanlage, den beiden Verteiltransformatoren, die NS-Verteilung sowie die notwendigen Komponenten zur Steuerung der Trafostation, zur Erfassung der Messwerte und zur Kommunikation mit der zentralen Leitstelle. Die I-Sensoren für die einzelnen Phasenströme und zur Erdschlusserfassung sind im Durchführungsbereich der MS-Schaltanlage untergebracht, wie Abb. 3 zeigt. Die U-Sensoren werden im Kabel-T-Stecker anstelle des Schraubkonus-Einsatzes montiert.

Abb. 2 Komponenten der IBC-Trafostation

Das Überstrom-Zeit-Schutzgerät und die Kurzschluss-/Erdschluss-Anzeiger detektieren die Kurzschluss- und Erdschlussströme richtungsgenau und lösen damit die notwendigen Schalthandlungen aus. Über diese Geräte werden auch die normalen Betriebsdaten (I/U/cosᵩ/) erfasst. Die Kommunikation innerhalb der Station zur RTU und von der RTU zur Leitstelle erfolgt mit unterschiedlichen Protokollen wie z. B. Modbus RTU oder IEC 60870-5-104.

IBC hat in den letzten drei Jahren ca. 20 fernsteuerbare Stationen mit rund 40 Schutzgeräten in Betrieb genommen. Auch eine Reihe anderer Schweizer Energieversorger hat das IBC-Konzept gewählt und erfolgreich im Einsatz.

Abb. 3 Anbauorte für die U-/I-Sensoren am Kabel-T-Stecker

STROM- UND SPANNUNGSSENSOREN SIND KLEINSIGNAL-MESSWANDLER

Die Zelisko-U/I-Sensoren sind passive Sensoren, welche keine Hilfsspannung benötigen. Sie sind kompatibel mit unterschiedlichen Geräten verschiedener Hersteller, wie Messwertumformer, Schutzgeräte und RTUs. Sichergestellt wird die Kompatibilität durch die Auslegung und Prüfung der U/I-Sensoren nach der internationalen Messwandlernorm IEC60044-7/8 bzw. künftig nach IEC61869-6/10/11. Damit sind zulässige Betrags- und Winkelfehler sowohl im normalen Betriebsbereich als auch im Fehlerfall eindeutig definiert. Gerade die Einhaltung der zulässigen Winkelfehler ist für die Richtungsbestimmung bei Erdschlussfehlern wichtig. Der vorliegende Artikel konzentriert sich auf die Zelisko-Stromsensoren. Die Spannungssensoren als ohmsche Teiler werden in einem späteren NETZSCHUTZ-Magazin näher beschrieben. 

FUNKTIONSPRINZIP STROMSENSOR

Der Strom(I)-Sensor ist ein fast leistungsloser induktiver Kleinsignal-Stromwandler, dessen Sekundärwicklung den Primärstrom über einen genauen Messwiderstand in ein Spannungssignal umwandelt, wie in Abb. 4 gezeigt wird.

Typische-Eckdaten für den Stromsensor sind:

  • Standard: IEC 60044-8, künftig IEC61869-6 und -10
  • Primärstrom: 300 A, ext. 200%
  • Ausgangssignal: 225 mV @ 300 A
  • Genauigkeit: Klasse 0,5 & 5P20
  • Nennbürde: ≥ 20 k
  • Umgebungsbedingungen: -25°C bis +70°C

Wichtig aus Zelisko-Sicht ist die Genauigkeit und Stabilität der Messwerte über einen weiten Temperaturbereich, auch bei EMV-Belastung und hoher Luftfeuchtigkeit am Einbauort. Durch die Auslegung der Sensoren und einer Reihe spezieller Prüfungen wird eine hohe Zuverlässigkeit gesichert. Die Stromsensoren sind wartungsfrei. Eine aufwendige Kalibrierung vor Ort oder eine Fehlerkompensation über die angeschlossenen Geräte entfällt. Wie normale Messwandler werden alle Sensoren im Werk stückgeprüft und mit einer Seriennummer versehen.

Abb. 4 Funktionsprinzip Stromsensor

STROMSENSOREN FÜR VIELFÄLTIGE ANFORDERUNGEN

Aufgrund der unterschiedlichen Anwendungsfälle bei gas- und luftisolierten Schaltanlagen hat Zelisko diverse Ausführungen und Geometrien mit kundenspezifischen Ausprägungen entwickelt, wie die Beispiele in Abb. 5 zeigen.

Stromsensoren 1 bis 4 (Abb. 5) im Durchführungsbereich der Schaltanlage bzw. auf dem Kabel sind wie NS-Wandler für das Isolationsniveau 0,72/3 kV ausgelegt. Der dreipolige I-Sensor 3 kann mit zwei oder drei Phasenstromsensoren und einem Summenstromsensor für die empfindliche Erdschlusserfassung ausgeführt werden.

Abb. 5 Zelisko-Stromsensoren für unterschiedliche Anwendungen

Alle Stromsensoren erfüllen die vereinbarte Klassengenauigkeit nach IEC 60044-8 bzw. IEC61869-6 und 10. Abb. 6 zeigt die zulässige Fehlertrompete und die gemessenen Fehler für einen typischen Phasen-Stromsensor SMCS-JW1001 in Messklasse Cl 0,5; dieser Sensor erfüllt gleichzeitig die Schutzklasse 5P20.

Abb. 6 Zulässige und gemessene Betrags- und Winkelfehler

MESSUNG HOCHFREQUENTER OBERSCHWINGUNGEN

Vor allem der zunehmende Einsatz von Leistungselektronik wie Umrichter und Gleichrichterschaltungen auf der Kundenseite beeinflusst durch Netzrückwirkungen die Qualität der Spannung und des Stroms, z. B. durch Oberschwingungen.

Abb. 7 zeigt eine Auswahl von Standards zur Erfassung und Beschreibung der Netz-Qualität (Power Quality). Anforderungen an die Spannungsqualität im öffentlichen MS- und NS-Versorgungsnetz sind z. B. in der EN 50160 definiert. Zunehmend wichtig wird die Überwachung der Spannungs- und Stromqualität, um unzulässige Abweichungen zu erkennen und rechtzeitig geeignete Abhilfemaßnahmen einleiten zu können. Die neuen techn. Anschlussregeln TAR Mittelspannung VDE-AR-N 4110 mit Anwendungspflicht ab Mai 2019 wurden kürzlich veröffentlicht. Neben vielen anderen Anforderungen sind auch zulässige Oberschwingungen am MS-Netzanschlusspunkt zu ermitteln und ggf. zu überwachen.

Abb. 7 Standards zu Netzqualität

Messwandler nach IEC-Standard sind nur für die Grundfrequenz von 50 Hz ausgelegt und typgeprüft. Konventionelle induktive Strom und Spannungswandler mit Eisenkern und Kupferwicklung übertragen höhere Frequenzen nur sehr unzureichend, wie in der Fachwelt bekannt ist. Je nach Fabrikat/Bauart können durch Resonanzverstärkung oder Dämpfung sehr hohe Messfehler auftreten. Neu ist, dass für Strom- und Spannungs-Sensoren nach IEC 61869-6, Anhang 6A, auch Messtoleranzen für Oberschwingungen bis 3 kHz vereinbart werden können.

Zelisko-U/I-Sensoren wurden mit Zusatzmaßnahmen für eine saubere Übertragung der Oberschwingungen auch über die 3 kHz hinaus bis 9 kHz ertüchtigt und erfolgreich geprüft, wie Abb. 8 beispielhaft zeigt. Für den Bereich von 3 bis 9 kHz werden die gleichen Fehlergrenzwerte wie für 1,5 bis 3 kHz eingehalten.

Abb. 8 Frequenzgang für Stromsensor SMCS-JW 1001

ZUSAMMENFASSUNG

Die beschriebene Anwendung der Zelisko-Kleinsignal-Wandler (U/I-Sensoren) in fernsteuerbaren Netzstationen bei IBC/Schweiz führt zu einer höheren Versorgungssicherheit und einer Reihe weiterer Kundenvorteile. Die U/I-Sensoren nach der internationalen Messwandlernorm IEC 61869 bzw. IEC 60044 sind in einer breiten Produktpalette verfügbar. Zur Überwachung der Power-Quality auf der Mittelspannungsseite können die Zelisko-U/I-Sensoren in ertüchtigter Ausführung auch zur Messung von Oberschwingungen bis 9  Hz eingesetzt werden.

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